Autonomiephase: Mit Wutausbrüchen umgehen

Die Autonomiephase wurde früher auch „Trotzphase“ genannt. Sie kann für Eltern sehr herausfordernd sein. Aber sie ist wichtig für die kindliche Entwicklung.

Viele Mütter und Väter sind überrascht, wenn ihr Kind auf einmal wütend oder aggressiv reagiert. Oft fragen sie sich sogar: Habe ich etwas falsch gemacht? Doch diese Entwicklungsphase ist ganz normal. Die meisten Kinder beginnen ab einem Alter von etwa eineinhalb Jahren damit, wütende Gefühlsausbrüche zu zeigen.

Expertinnen und Experten sagen statt „Trotzphase“ heute lieber Autonomiephase. Denn das Kind möchte mit seinem Verhalten niemanden ärgern. Es wird nur autonomer, also eigenständiger. Und das ist ein wichtiger Schritt in seiner Entwicklung – auch wenn es für alle Beteiligten anstrengend sein kann. Gut zu wissen: Die Wutausbrüche werden in der Regel im dritten Lebensjahr weniger heftig und im vierten Lebensjahr seltener.

Wann reagieren Kinder mit wütenden Gefühlsausbrüchen?

Wut und Aggressionen treten zum Beispiel auf, wenn ein Kind

  • etwas tun möchte, was es noch nicht kann,
  • etwas nicht bekommt, was es haben will,
  • sich plötzlich auf eine Änderung einstellen muss,
  • übermüdet oder zu vielen Reizen ausgesetzt ist.

Diese Situationen können starke Gefühle auslösen, von denen das Kind regelrecht überrollt wird. Denn es hat noch nicht gelernt, seine Gefühle zu regulieren.

Kann man Wutausbrüche vermeiden?

Ganz vermeiden lassen sich Wutausbrüche nicht. Denn sie gehören zur kindlichen Entwicklung dazu. Diese Tipps können helfen, einem wütenden Gefühlsausbruch bei Ihrem Kind vorzubeugen:

  • Geben Sie Ihrem Kind Zeit, sich auf Veränderungen einzustellen. Kündigen Sie beispielsweise frühzeitig an, dass bald Schlafenszeit ist.
  • Bevor Sie etwas verbieten: Fragen Sie sich, ob das Verbot wirklich notwendig ist. Setzen Sie nur so viele Grenzen wie nötig und geben Sie so viele Freiräume wie möglich.  
  • Beschränken Sie die Auswahlmöglichkeiten. Denn zu viele Möglichkeiten können ihr Kind überfordern.
  • Sorgen Sie für ausreichend Ruhe und Schlaf. Das hilft, Reizüberflutung und Übermüdung zu vermeiden.

Kindlicher Wutausbruch: So bleiben Sie gelassen

Diese Tipps können Ihnen helfen, einen kühlen Kopf zu behalten, wenn Ihr Kind einen Wutausbruch zeigt:

  • Nehmen Sie das Verhalten Ihres Kindes nicht persönlich. Es geht nicht gegen Sie. Ihr Kind lehnt Sie nicht ab. Es kann gerade nicht anders.
  • Auch wenn sich alle Köpfe in der Öffentlichkeit zu Ihnen umdrehen: Versuchen Sie, sich davon nicht aus der Ruhe bringen zu lassen.
  • Bauen Sie Ihrem Kind eine Brücke: Lenken Sie es ab, indem Sie ihm beispielsweise etwas Interessantes zeigen. Dann ist der Ärger oft schnell vergessen.
  • Machen Sie Kompromisse: Noch einmal rutschen, dann geht es nach Hause.

Wichtig: Lassen Sie sich nicht selbst zu starken Gefühlen hinreißen. Macht Sie die Situation wütend? Dann verlassen Sie kurz den Raum und atmen Sie tief durch.

Nach einem Wutausbruch

Wenn Ihr Kind sich wieder soweit beruhigt hat, dass es ansprechbar ist:

  • Ihr Kind ist jetzt vielleicht erschöpft und sucht Ihre Nähe: Nehmen Sie es in den Arm. Ruhen Sie sich vielleicht gemeinsam auf dem Sofa oder einer Bank draußen aus.
  • Versuchen Sie, mit ihm über seine Gefühle zu sprechen. Geben Sie Ihrem Kind dabei das Gefühl, dass Sie es ernst nehmen.
  • Bestrafen Sie ihr Kind nicht für sein Verhalten. Das könnte sogar zu mehr Wutausbrüchen führen.
  • Erlauben Sie dem Kind jetzt nicht das, was Sie ihm zuvor verwehrt haben, zum Beispiel den Schokoriegel an der Kasse. Damit würden Sie das Verhalten bestärken.

Frühe Hilfen unterstützen

Gerade wenn das Kind in der Autonomiephase ist, können Eltern schon mal an ihre Grenzen kommen. Das ist ganz normal. Dann ist es gut, sich Unterstützung zu holen. Zum Beispiel bei den Frühen Hilfen. Die Angebote der Frühen Hilfen sind kostenlos und leicht zu erhalten. Mit der Postleitzahlen-Suche finden Sie eine Anlaufstelle der Frühen Hilfen in Ihrer Nähe.

Zu den Angeboten der Frühen Hilfen zählen beispielsweise offene Treffs und Eltern-Kind-Gruppen, in denen Sie sich mit anderen Eltern austauschen können. In den kostenfreien Elternkursen der Frühen Hilfen lernen Sie Ihr Kind besser verstehen und werden sicherer im Umgang mit schwierigen Alltagsituationen. Familien- und Erziehungsberatungsstellen stehen Ihnen bei Fragen rund um die Erziehung zur Seite. Schreiambulanzen helfen bei Regulationsstörungen wie anhaltendem Schreien oder Problemen mit dem Schlafen oder Essen.

Bei Fragen und Sorgen haben die ehrenamtlichen Beraterinnen und Berater vom Elterntelefon „Nummer gegen Kummer“ ein offenes Ohr. Eltern erreichen sie unter der Nummer 0800 111 0 550. Die Beratung ist anonym und kostenlos. Das gilt auch für die bke-Online-Beratung. Hier beraten Fachkräfte Eltern bei Fragen rund um die Erziehung.

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